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kim schönauer – among other things

innerhalb eines wohnkontextes situiert, spielt die ausstellung among other things* thematisch und inhaltlich mit den elementen einer klassischen wohnung. in dieser besitzen die meisten gegenstände eine klare funktion. kim schönauers skulpturen hingegen bleiben funktionsoffen.

gleichzeitig verschwimmt diese grenze, da sich ihre skulpturen auch teilweise nutzen lassen. die positionierung der werkgruppe pfeile 1-3 verdeutlicht dies. während der erste pfeil durch eine einzelstellung als sitzgelegenheit ausgewiesen ist, betonen die beiden anderen pfeile ihre funktionslosigkeit durch ihre enge anordnung hintereinander.

um die arbeitsweise der künstlerin besser zu verstehen und sich ihrer referenz zu elementen des typischen wohnraumkontextes zu nähern, hat sie nachfolgend drei fragen beantwortet. diese basieren auf einem standardwerk, das die bedeutung und das system der alltäglichen (wohn-) gegenstände beleuchtet. jean baudrillard, ein französischer soziologe, nimmt dieses thema in seinem ersten werk le systéme des objects (1968) auf. die fragen basieren auf dem ersten Kapitel ‚die sprache der gegenstände‘.

1. wie benutzen sie in ihrer arbeit vorgefertigte elemente?

mich interessieren reproduzierte und wiederverwendete formen, die in verschiedenen situationen gezeigt oder in arbeiten weiterentwickelt und im spiel mit den vorhandenen räumen neu kombiniert werden, jedoch verwende ich keine vorgefertigten bauteile. durch diese wiederverwendung und wiederholung ist es möglich die skulpturalen arbeiten in verschiedene perspektiven oder betrachtungsmöglichkeiten zu bringen. dabei spiele ich mit unterschiedlichen positionierungen im raum und schaffe eine individuelle alias-realität.

2. in dieser auf minimale nutzbarkeit beschränkten, aber doch häuslichen umgebung, inwiefern referenzieren ihre skulpturen und objekte da mit funktionalität?
meine arbeiten spielen mit erinnerungen an funktionen, die oft bewusst leer und unerfüllt bleiben. die objekte scheinen häufig eine nutzbarkeit und zweckorientierung zu inszenieren, ohne aber dieses versprechen einlösen zu müssen. dieses spannungsfeld von scheinbarer realität lässt raum für spekulationen.

3. ihre arbeiten kokettieren mit massstäben und symbolen. geht es hierbei um eine art umkehrung der traditionellen hierarchie?
mit meinen arbeiten durchbreche ich in der tat die klassische traditionelle hierarchie eines linearen denkens. hierbei sind alle wahrnehmungen sowohl individuell als auch ergebnisoffen. das schliesst sogar ein, dass einzelne betrachter in meinen arbeiten ihre traditionellen hierarchien bestätigt finden. bei der arbeit domestic sphere „en plateau“ ist es dem betrachter überlassen, ob er von aussen das gesamtobjekt betrachtet inklusive des raums in dem sich das objekt befindet, oder es sich separat denkt innerhalb des objekts und durch die kleine türe schreitet. so hat er durch seine individuelle empfindung die klassische hierarchie, kleines objekt im großen objekt in noch größerem raum durcheinander gebracht. es ist ein beliebiges spiel mit den hierarchien und nicht nur eine umkehrung des traditionellen.

obwohl kim schönauers werke also elemente aus der (wohn-) alltagskultur aufgreifen, heisst dies nicht zwangsläufig, dass sie auch deren bedeutung und funktion übernehmen. dies ermöglicht ihnen inhaltlich eine gewisse leichtigkeit. denn sie können als freie form von möbel (nutzbar), als auch als selbständige skulptur (funktionsoffen) verstanden werden, bei der es keine festgeschriebene bedeutung gibt. damit wird in among other things dem klassischen wunsch nach eindeutiger interpretation von skulpturaler und installativer kunst eine ungewohnte alternative aufgezeigt.

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*der titel, dessen definition frei übersetzt ‚zusätzlich zu den dingen, die nicht ausdrücklich erwähnt werden’ bedeutet, unterstreicht die friedliche co-existenz von skulptur und gebrauchsgegenstand alle textangaben basieren auf jean baudrillard, das system der dinge, erweiterte deutsche neuauflage (2007)

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